Workcamp Kenia – Rabuor 2005

Was stellt man sich vor, wenn man in Nairobi ankommt? Afrika. Lautes, buntes Treiben auf dem Flughafen und die meisten Menschen dort sind schwarz und sehen zuerst alle gleich aus.

Wir werden von Ben, dem Sohn unserer Projektpartnerin in Rabuor, abgeholt und er begleitet uns ins Hotel. Am nächsten Morgen geht’s dann weiter mit dem Überlandbus nach Kisumu. Die Busfahrt dauert fast den ganzen Tag und wir erleben schon ein bisschen vom Alltag der Kenianer. Die Straße ist holprig, die Schlaglöcher zwingen teilweise zu Schritttempo. Händler reichen ihre Ware, frisch gegrillte Maiskolben, Obst, Gemüse, kleine Snacks zu den Busfenstern und hoffen auf regen Absatz bei den Passagieren. Erst am Abend erreichen wir unser Ziel und werden in Rabuor von Maria unserer Projektpartnerin und ihrer Familie herzlich empfangen. Hier also wird für die nächsten drei Wochen unser Zuhause sein.

Die Schule, in der wir helfen werden, befindet sich gegenüber von Marias Wohnhaus. So brauchen wir nur eben über die Straße und finden uns inmitten der tobenden Kinderschar wieder. Die kleinsten von ihnen sind erst gut zwei Jahre alt, die ältesten fast acht. Hier lernen sie das Wichtigste fürs Leben in Rabuor. Disziplin zum Beispiel. Wir sind beeindruckt, wie still die Kinder am Morgen auf den kleinen Stühlen sitzen, die erst seit kurzer Zeit zum Schulinventar gehören.

Aufmerksam verfolgen sie den Unterricht und wir sind wohl als Beobachter eine interessante Abwechslung. Mit neugierigen Augen verfolgen sie jede unserer Bewegungen und kichern miteinander. Marvolin, eine fünfjährige Schülerin aus der Babyclass rollt geheimnisvoll mit den Augen, um unsere Aufmerksamkeit zu erreichen. Jane, die Lehrerin hat Mühe, an diesem Morgen den Buchstaben E zu vermitteln, aber auch sie freut sich über unsere Anwesenheit. Nachdem alle das große E in ihr Schulheft geschrieben haben - bei Oliver und auch bei einigen anderen sieht das E ein bisschen nach Regenwurm aus - müssen die ersten kleinen Schüler mal.

Und so entwickelt sich ein reger Betrieb im Klassenzimmer. Rechnen sollte man in Rabuor auch können und so lernen wir in der nächsten Stunde die Zahlen. Dann ist die große Pause und wir „ Workies“ kommen endlich ungebremst zum Einsatz. Wir toben mit Tobias, Mary und Wendy, spielen Fußball und fangen die schnellsten Läufer aus Kenia. Einige unentdeckte Fußballtalente mit unübertroffenen Dribbel- und Abspielfähigkeiten könnten die Bundesligavereine hier noch ausmachen.

Die eher Zurückhaltenden zeigen uns stolz ihre, aus feuchtem Lehm modelierten, Matatus. Wir sind mittendrin. Spielen die Bälle, lassen uns fangen, tragen die Kinder auf dem Arm herum, geben kräftig Schwung an den im Baum hängenden Autoreifen, sitzen im Schatten und bemühen uns mühselig um Verständigung, denn hier wird Luo gesprochen. (Anmerkung: Rabuor gehört zu dem Volk der Luo und selbstverständlich hat jedes Volk seine Sprache). Manchmal reicht es, still den kleinen Arm zu streicheln, vorsichtig eine leichte Umarmung zu versuchen oder mal ganz exklusiv einen kleinen Prinzen auf den Schoß zu nehmen.

Die St. Lukes School kann den Kindern jeden Tag eine warme Mittagzeit ausgeben und es ist eine besondere Stimmung zwischen den alten Frauen beim Ausgeben des Porege. In einem großen Topf wird von ihnen auf der offenen Feuerstelle gekocht. Die Kinder stellen sich, Mädchen rechts, Jungs links, in Reihen auf und beten zuerst. Dann bekommt jedes Kind seinen Becher voll. Für einige der Kinder ist dies die einzige Mahlzeit am Tag.

Das Größte aber, das wir mit den Kindern erlebt haben, war unser Ausflug. 100 Kinder. 1 Matatu (Kleinbus für 12 Erwachsene). 1 Schulbus (für 40 Kinder). 6 Lehrer. 10 „Workies“. Das Matatu bringt die erste Gruppe nach Kisumu in das Völkerkunde Museum. Der Schulbus setzt sich mit den restlichen Kindern und Begleitern in Bewegung. Schon die Fahrt ist ein riesiges Vergnügen. Kaum setzt sich der Bus in Bewegung, beginnen die Kinder „Wander- und Reiselieder“ zu singen. Auch christliche Lieder kann ich erkennen. Manchmal singen sie englisch, manchmal luo. Manchmal im Chor, manchmal mit Vorsänger. Diese Truppe könnte Konzertsäle füllen, alle sind in bester Stimmung und das ist unüberhörbar. Manche der Kinder sind nie zuvor in einem Bus gefahren, die meisten waren noch nicht oft in Kisumu. Das Museum ist interessant und die Kinder bestaunen die riesigen Schildkröten, die flinken Fische im Aquarium, die gefährlichen Krokodile und die schlingeligen Schlangen. Auch die weniger spektakulären Ausstellungsobjekte, zum Beispiel eine kleine, nachgebaute Luosiedlung, beeindrucken die Kinder sehr. Die Lehrerinnen finden Zeit, auch uns ein bisschen in der Geschichte der Luo zu unterrichten. Wir haben ein kleines Picknick vorbereitet und verteilen im Schatten eines riesigen Baumes Milch, Gebäck und Bananen an die Kinder, zusätzlich Sprudel an die Lehrer. Die Kinder genießen diese kulinarische Abwechslung sehr und schnattern vergnügt miteinander.

Weiter geht’s zum Airport. Heute wird am Flughafen die Maschine aus Nairobi landen und auch wieder starten. Das wollen wir nicht versäumen. Also wieder rein in den Bus und ab die Post. Wir erreichen pünktlich den Flughafen, der, obwohl Kisumu die drittgrößte Stadt ist, sehr übersichtlich und auch klein ist. Wir können ohne Sicherheitseinschränkungen sehr nah an das Rollfeld. Der Landeanflug ist von unserem Standort aus super zu erkennen. Es wird schon fast Abend, als wir erschöpft Rabuor erreichen. Ein aufregender Tag. Auch anstrengend, besonders für die Kinder. Aber ein toller Tag.

Einer von denen, die einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen, das Gefühl Freude geschenkt zu haben und dafür mit dem strahlenden Lachen vieler Kinderaugen belohnt worden zu sein.

Teilnehmer*in 2005

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