Workcamp Ghana – Koforidua 2009

„Leben und Arbeiten mit einer ghanaischen Partnergruppe im ländlichen Raum“ – so lautete das Programm für unsere 3 Wochen im Workcamp.

Nach einem ersten Kennenlernen der deutschen Teilnehmenden untereinander auf dem Vorbereitungsseminar ging es am Samstag, den 15.08.2009, früh morgens endlich los zum großen Abenteuer in Ghana. Im Gepäck eine tolle Gruppenstimmung, viel Neugierde und Workcamp-Motivation sowie unzählige kreative Gestaltungsideen.

Mit 2 Stunden Zeitverschiebung landeten wir nachmittags in Accra und wurden sofort von warmer Luft und dem freundlichen Projektpartner empfangen. Zunächst wurden wir mit all unserem Gepäck in 2 Busse verfrachtet, ohne genau zu wissen wohin es gehen sollte, und erreichten schließlich im Halbdunkeln ein großes Haus am Strand von Botianor, dessen gänzliche Schönheit wir erst beim Licht des nächsten Tages entdeckten. In diesem sogenannten ARA-Haus – Agricultural and Rural Development Association, so hieß unsere Partnerorganisation – verbrachten wir 3 schöne Tage mit Akklimatisieren am Strand und dem ersten Kennenlernen unserer Partnergruppe. Auch die erste Bekanntschaft mit der leckeren ghanaischen Küche und anderen kulturellen Besonderheiten wurde in diesen ersten Tagen geknüpft.

Dienstag ging es dann mit ghanaischer Pünktlichkeit – 5 Stunden Verspätung – nach Koforidua in die Berge der Eastern Region, unserem Projektort für die nächsten 2 ½ Wochen. Auf dem Weg dorthin bekamen wir neben dem etwas anderen Zeitverständnis Einblick in ein weiteres „Problem“ des ghanaischen Alltags: kurz vor Erreichen des Zielortes erlitt einer der Busse eine Motorpanne, so dass sich unsere Ankunft weiter verzögerte. Letztendlich erreichten wir unser Camp erst im Dunkeln und fielen nach erstem Einrichten nur noch müde ins Bett.

Die nächsten 2 Tage verbrachten wir mit dem restlichen Einrichten des Camps sowie der ersten Erkundung des Geländes. Untergebracht waren wir auf einem großen Schulgelände, auf dem wir 4 Räume bewohnten: 1 Mädchen- sowie Jungenschlafraum, eine Küche und ein Gemeinschaftsraum. Jeder Teilnehmer erhielt den Luxus eines eigenen Stockbettes, welches überspannt mit dem Moskitonetz eine sehr gemütliche Schlafecke darstellte. Einen sehr guten Einblick in die ghanaische Lebensweise bot uns die selbstständige Alltagsgestaltung mit Arbeiten, Kochen und Freizeitprogramm. Dazu bildeten wir Arbeitsgruppen, die sich jeweils abwechselten und zu gleichen Teilen aus Ghanaern und Deutschen bestanden. Gekocht wurde sowohl auf einer traditionellen Feuerstelle wie auf einem Gasherd. Wir verwendeten ausschließlich regionale Produkte, welche jeden Morgen auf dem Markt eingekauft wurden. Der Ausflug zum Markt war jedes Mal aufs Neue ein Highlight für die Kochgruppe, bot sich dort ein faszinierendes Treiben aus leuchtenden Farben, intensiven Gerüchen und lebhaften Geräuschen. Im Laufe der knapp 3 Wochen lernten wir so verschiedene ghanaische Gerichte kennen und wurden von den Ghanaern angeleitet auch selbstständig zu kochen.

Die Wasserversorgung erfolgte sowohl aus einem Brunnen, als auch von einem Wasserhahn, jedoch nutzten wir zum Trinken ausschließlich gekauftes Trinkwasser, welches in 500ml-Tüten abgepackt war. Die ghanaische Dusche bestand anstatt aus einer kleinen Kabine mit Duschbrause aus einem großen Raum und einem mit Wasser gefüllten Eimer. Den Umgang mit der Eimerdusche erlernten wir sehr schnell und erfreuten uns jedes Mal an der wohltuenden Erfrischung, neigte man doch permanent aufgrund der hohen Luftfeuchte zum mehr oder minder ausgeprägtem Transpirieren. Die zu Beginn etwas verschmutzten und geruchsintensiven Plumpsklos stellten uns allerdings im Gegensatz dazu vor eine echte kulturelle Herausforderung. Nach einer ausgiebigen Reinigung und dem Austausch von Hygienevorstellungen konnten wir uns jedoch auch daran gut gewöhnen.

Die Zeit im Camp verbrachten wir mit mehr oder minder strukturierten Tagesabläufen. Nach dem Frühstück um 7.00 Uhr war die Zeit von 8.00 - 12.00 Uhr für die jeweilige Arbeit des Tages eingeplant. Um 13.00 Uhr gab es ein warmes Mittagessen und im Anschluss daran ein jeweiliges Freizeitprogramm. Um 19.00 Uhr haben wir zu Abend gegessen - ebenfalls eine warme Mahlzeit - und danach gemeinsam den Abend gestaltet. Oft waren die verschiedenen Zeiten natürlich dem ghanaischen Way of Life entsprechend recht flexibel. Als Projektarbeit war die Unterstützung verschiedener kleiner regionaler Projekte vorgesehen. Wir haben beispielsweise die Schulmauern um unser Schulgelände abgesichert, in einer Baumschule ausgeholfen und auf einer Farm gearbeitet. Durch die verschiedenen Einsatzorte bot sich eine gute Möglichkeit, vielfältige Einblicke in die regionale Arbeitsweise und die entsprechenden Gerätschaften und deren Benutzung zu gewinnen. Meist erreichten wir keine 4 Arbeitsstunden pro Tag, so dass uns mehr gemeinsame Freizeit zur Verfügung stand.

Die Nachmittage haben wir intensiv zum weiteren gegenseitigen Kennenlernen und besonders zum interkulturellen Austausch genutzt. Wir haben gemeinsame Spielrunden veranstaltet oder uns sportlich betätigt, uns gegenseitig Sprachunterricht erteilt oder uns in Diskussionsrunden über kulturelle Unterschiede ausgetauscht. So manchen Nachmittag haben wir mit Marktbesuchen verbracht, da wir von schönen Stoffen und Ketten und auch lokalen kleinen Naschereien und den leckeren Früchten nicht genug bekommen konnten. Von den gekauften Stoffen haben wir uns beim Schneider traditionelle ghanaische Kleider anfertigen lassen. Einige Teilnehmerinnen haben es auch gewagt sich die Haare kunstvoll flechten zu lassen.

Da es abends ab 19.00 Uhr stockdunkel war, haben wir die Abende entweder am Lagerfeuer oder mit Spielen und Diskussionen im Gemeinschaftsraum verbracht - bei Stromausfall wurde es mit Kerzen und kleinen Öllampen besonders romantisch -, oder wir sind in eine nahgelegene Bar ausgegangen. Neben dem Testen lokaler Bierspezialitäten stand hierbei ganz das Tanzen im Vordergrund. Die ghanaischen Teilnehmer waren kaum auf ihren Stühlen zu halten, sobald wir eine Bar erreicht hatten, und schafften es jeden Abend aufs Neue, auch uns mit ihren ausgelassenen Tänzen anzustecken. Besonders hierbei entdeckte so mancher der deutschen Teilnehmer ganz neue Seiten an sich. Der Rhythmus, den jeder Ghanaer bewundernswerter Weise im Blut hat, färbte schließlich sogar ein wenig auf uns ab, da jeder Tag in Ghana eigentlich von morgens bis abends von Musik, Tanz und Gesang begleitet ist.

An den zwei Wochenenden haben wir gemeinsame Ausflüge unternommen, um die Region um Koforidua näher kennen zu lernen. Wir sind durch tropische Wälder zu einem großen Wasserfall gewandert, haben ein Kinderheim besucht, Picknick auf einem Berg gemacht und einen botanischen Garten besichtigt. Allein die Fahrten zu den jeweiligen Ausflugsorten waren schon ein Erlebnis für sich. Mit 26 Mann gemeinsam in einem kleinen Minibus - genannt Tro-Tro - sind wir mit lauter Musik und ausgelassenem Gesang auf Holperstraßen um diverse Schlaglöcher gekurvt. Ein weiteres kulturelles Highlight stellte der sonntägige Besuch einer ghanaischen Messe dar. Kaum vergleichbar mit einer kirchlichen Messe im deutschen Sinne waren wir überwältigt von den vielen schönen bunten Kleidern, die die Menschen trugen, und ließen uns von dem fröhlichen Tanz um den Altar mitreißen. Wir wurden stets herzlich empfangen und die Menschen waren interessiert woher wir kamen und was wir taten.

Einen Vormittag wurden wir von einem Dorfoberhaupt eingeladen, welcher uns in seine Arbeit und die gesellschaftliche Struktur im Dorfleben eingewiesen hat. Es gab 2 weitere kulturell sehr hervorzuhebende Tage in unserem Camp, einen ghanaischen und einen deutschen Tag. Dieser Tag wurde von der jeweiligen Gruppe gestaltet und genutzt, kulturelle Besonderheiten - besonders kulinarischer Natur - zu präsentieren und der jeweils anderen Gruppe näher zu bringen. Wir wurden von den Ghanaern von einem tollen Schauspiel über ghanaische Zeremonien wie eine Geburt, eine Hochzeit und eine Beerdigung überrascht.

Nach den 3 Wochen im Camp verbrachten wir die letzte Woche innerhalb der deutschen Gruppe mit einer Reise quer durch Ghana. Da wir sehr an den unterschiedlichen Landschaften in den verschiedenen Regionen Ghanas interessiert waren, entschieden wir uns für eine Reise bis hoch in den Norden zum Mole Nationalpark. Wir starteten mit der Besichtigung des Volta-Staudamms und fuhren anschließend nach Kumasi, um den größten Markt Ghanas zu erleben. Von dort ging es in den Norden nach Tamale und weiter in den Mole Nationalpark, wo wir tatsächlich die Gelegenheit bekamen auf einer Fußsafari Elefanten, Antilopen und Pavianen in freier Wildbahn wenige Meter entfernt gegenüber zu stehen. Ebenso begeisterte uns die Wanderung durch die dort vorherrschende Baumsavanne, welche sich deutlich von den Bananenwäldern im Süden abhob. Von dort ging es zurück über Kumasi an die Küste nach Cape Coast. In Cape Coast setzten wir uns bei einer Führung durch das Cape Coast Castle mit der Geschichte des Sklavenhandels auseinander und wagten für den Landschaftsvergleich einen Gang über die Baumkronen des Regenwaldes im Kakuum Nationalpark auf dem dafür angelegten Canopy Walk. Von Cape Coast kehrten wir über Winneba - einem weiteren idyllischen Küstenort - zum Strandhaus in Botianor zurück, wo wir die ghanaische Partnergruppe wieder getroffen haben. Den letzten Tag verbrachten wir mit einer letzten Souvenir-Shoppingtour auf dem Kunstmarkt von Accra und feierten abends das letzte Mal gemeinsam unter Palmen in einer Stranddisco.

Als es am 12.09. dann schließlich ans Sachenpacken ging und wir von der ghanaischen Partnergruppe zum Flughafen begleitet wurden, fiel uns der Abschied ganz schön schwer. Noch überfüllt von Eindrücken saßen wir letztendlich gegen 22.00 Uhr im Flugzeug und erwachten am nächsten Morgen über Deutschland. Es war ein seltsames Gefühl sich nach 4 Wochen so intensiven Zusammenlebens mit einer solch tollen Gruppenstimmung voneinander zu verabschieden, jedoch war auch die Wiedersehensfreude mit der Familie und Freunden groß. Insgesamt lässt sich sagen, dass es eine tolle gemeinsame Zeit war und wir sehr viele Eindrücke aus Ghana mitgenommen haben, ganz besonders die interessierte und freundliche Art der Menschen dort, welche uns jederzeit offen aufgenommen und willkommen geheißen haben.

Meda w’ase, Ghana!

Teilnehmer*in 2009

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